Affäre um Oberbürgermeister Ulrich Scholten?
Oder doch nur eine Intrige unter Genossen?
Das Verhalten der Stadtverwaltungsspitze in der „Affäre“ um Bewirtungs- und Übernachtungsbelege von Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) produziert mehr Fragen als aufklärende Antworten. Wenn es doch Nachfragen der Rechnungsprüfer zu den Belegen vom Oberbürgermeister gab, stellen sich mir zum eingeschlagenen Weg der externen Prüfung doch mehrere Fragen:
-
- War keines unserer städtischen Ämter in der Lage die Überprüfung vorzunehmen?
- Bestand gegenüber den städtischen Ämtern irgendein sachlicher Hinderungsgrund?
- Ist der Oberbürgermeister vor der externen Überprüfung um Erklärungen zu den Vorwürfen befragt worden , konnte er also eine Stellungnahme abgeben und Missverständnisse ausräumen?
- Hat man aus finanzieller Sicht überlegt, ob die Kosten für ein externes Gutachten im Verhältnis zu den möglicherweise erklärungsbedürftigen Rechnungen/Quittungen stehen?
- Hat man überlegt, welchen Imageschaden der Stadt Mülheim zugefügt wird, nachdem wir ja schon einmal – Oberbürgermeister Jens Baganz (CDU) – überörtlich für Schlagzeilen sorgten?
- Hat man weiterhin überlegt, wie eine vertrauensvolle weitere Zusammenarbeit in der Verwaltung insbesondere dem noch auf Jahre gewählten Verwaltungsvorstand funktionieren soll?
In der Sitzung des Hauptausschusses zweifelte ich aber auch an einigen Politikern. Was soll die Forderung nach Nennung aller Namen der bewirteten Personen? Es geht um das Jahr 2017. Selbst wenn man ein sehr gutes Gedächnis hat: Wer kann das leisten? Offenlegung des dienstlichen OB-Kalenders! Was soll das bringen? Kurzfristige vereinbarte Abendtermine werden da nicht zu finden sein und werden auch nicht nachträglich eingetragen. Auch in meinem Terminkalender nicht! Wenn es bisher kein Muss – vorgeschrieben in einer Dienstanweisung – war, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung auf den Belegen zu vermerken, kann ich das unmöglich nachträglich verlangen. Eine rückwärtsgewandte verschärfende Forderung für die Belege des Oberbürgermeisters darf es nicht geben. Für künftige Fälle mag das anders aussehen. Für die Verfügungsmittel von Oberbürgermeister Ulrich Scholten gelten eben nicht die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes. Und noch eines hat mich entsetzt: Der Vergleich mit einem Ladendieb! Ein Ladendieb wird bei einer Straftat erwischt. Wurde das der Mülheimer Oberbürgermeister?
Ich kenne aus meiner jahrzehntelanger Erfahrung im Versicherungswesen das übliche Verfahren mit Reisekostenabrechnungen und dazu gehörten auch Übernachtungs- und Bewirtungskosten: Sie wurden in der Firma eingereicht und geprüft. Gab es Beanstandungen, kam die Abrechnung mit einem entsprechenden Prüfvermerk zurück. Entweder wurde der Sachverhalt erklärt oder nicht erstattet. Ebenso beim Finanzamt: Entweder werden die Kosten anerkannt oder nicht. Aber noch nie wurde ich mit einem Ladendieb verglichen. Es gibt, wie so häufig im Leben, eben Grauzonen, wo es Auslegungssache ist.
Das jetzige „Verfahren“ gegen Mülheims Oberbürgermeister Scholten erinnert mich an eine düstere Zeit aus meinem beruflichen Leben in jungen Jahren, als Außendienstmitarbeitern ein Detektiv hinterhergeschickt wurde, um sie bei Abrechnungsverfehlungen fristlos entlassen zu können, um guten Freunden einen lukrativen Job zu verschaffen.