Was wurde denn da getürkt? Urkundenfälschung?

Ja, ich habe gegen Vorstandsmitglieder des Wählerbündnis „Bündnis für Bildung“ Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Duisburg wegen des Verdachtes der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung erstattet. Nein, ich habe darüber nicht die Presse informiert. Am Tage nach Einwurf des umfangreichen Briefes bei der Staatsanwaltschaft rief mich in der Mittagszeit Linda Heinrichkeit von der WAZ an und bat um Bestätigung der Anzeigenerstattung. Es wusste kein Mitglied des Wählerbündnisses noch ein Fraktionsmitglied etwas von der Anzeige, die sich um die Vorgänge zur Zulassung des Wählerbündnis zur Kommunalwahl dreht.
Was wurde denn da getürkt?, ist meine Frage. Es geht um angebliche Mitglieder des Wähler-bündnisses, die bei der Aufstellung der Kandidatenliste zur Kommunalwahl mitgestimmt haben, ohne wirklich Mitglied des Wählerbündnisses gewesen zu sein.
Und nun muss ich ganz an den Anfang meines Mitwirkens bei der Wählergemeinschaft „Bündnis für Bildung“ zurück. Weil der Vorsitzende der Wählergemeinschaft Ferit Sentürk behauptete, dass unser Fraktionsmitglied Hasan Tuncer, immer noch Mitglied im Wählerbündnisses wäre, bat ich um eine aktuelle Mitgliederliste des Wählerbündnisses. Gibt es nicht, war die Auskunft. Wie kann man nach der Satzung den Austritt erklären? Ich glaube schriftlich, war die Antwort. Ja, es gab zur Verwunderung zwei Satzungen, beide mit dem Erstellungsdatum 19.03.2014. Einmal mit einem dreiköpfigen Vorstand und quartalsweiser Vorstandssitzung und einmal mit einem mindestens fünfköpfigen Vorstand, der drei gleichberechtige Sprecher wählt, und sich mindestens einmal monatlich trifft. Laut Ferit Sentürk wäre die letztere die gültige Satzung.
Um Ordnung in das Chaos zu bringen, traf ich mich mehrmals mit Ferit Sentürk in seinem Geschäft. Meist war das Vorstandmitglied Orhan Kahraman dabei. Da nur lückenhaft Unterlagen vorgelegt wurden, trafen wir uns einmal bei Ferit Sentürk, um alle Ordner des Wählerbündnis zu sichten. Außer Orhan Kahraman war auch die Vorsitzende des Integrationsrates Emine Arslan dabei. Die Sitzung ging fast bis Mitternacht und die zwei, drei Ordner wurden Blatt für Blatt gesichtet. Außer den beiden Satzungen kamen weder Protokolle von Mitgliederversammlungen seit 2014 noch Protokolle von Vorstandssitzungen oder Aufnahmeanträge zu Tage. Es wurde auch eine aktuelle Mitgliederliste gesucht, außer einer von 2014 wurde nichts gefunden. Der Kassierer Orhan Kahraman saß dabei, Kontounterlagen sollte aber eine Frau Yavuz haben, die vorher Kassiererin war. Welche Bankverbindung es gab, konnte nicht exakt beantwortet werden. Nebenbei: Das klärte sich, als wir als Fraktion ein Konto einrichteten und die Sparkasse zu unserer Verwunderung mitteilte, dass es bereits ein Konto gäbe, allerdings für ein Wählerbündnis.
Nach dieser Sitzung sagte mir Emine Arslan, dass Ferit an die Hand genommen werden muss.
Ich erstellte sofort eine Einladung für eine Mitgliederversammlung mit Vorstandsnachwahlen, da der damals aktuelle Vorstand nur aus drei Personen bestand und normalerweise gar nicht handlungsfähig gewesen sein dürfte. Außerdem sollten die zu wählenden Vorstandsmitglieder „Schriftführer“ und „Orgaleiter“ heißen, damit die Aufgabenstellung klar umrissen wäre, und es sollte das Verbot der Mitgliedschaft in einer konkurrierenden Vereinigung in die Satzung geschrieben werden.
Die Mitgliederversammlung sollte am 18. März stattfinden. Die Einladung wurde am 3. März per Mail verschickt. Sie wurde wegen „Corona“ abgesagt. Sie fand dann am 28.05.2020 statt. Im Anhang der Einladungsmail befand sich die Satzung mit dem fünfköpfigen Vorstand. Im Protokoll dieser Sitzung steht: „Ferit Sentürk trägt die Daten der Mitgliederentwicklung und ……. vor.“ Anwesend waren sieben Mitglieder und ein Gast, darunter die Neumitglieder Andreas Marquardt, Thomas Hase und ich. Nur ganze vier Altmitglieder waren anwesend. Es wurde eine Mitgliederliste mit 16 „Mitgliedern“ vorgelegt, darunter nur noch neuen Altmitglieder, von denen auch noch vier als „Karteileichen“ aussortiert wurden. In der Diskussion wurde die Mitgliederliste aus 2014 herangezogen. Hasan Tuncer las daraus jedes einzelne „Mitglied“ vor und machte als Gründungsmitglied des Wählerbündnisses wie auch Ferit Sentürk Anmerkungen zu den einzelnen „Mitglieder“, da auch verstorbene und ausgetretene „Mitglieder“ noch auf der Liste standen. Kein Wort fiel über nicht anwesende „Neumitglieder“, deren Aufnahmeanträge vom Vorstand bestätigt worden waren und die eine Einladung zu dieser Mitgliederversammlung erhalten hatten. Ferit Sentürk stellte als Versammlungsleiter die Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung fest. Laut Satzung ist dazu die Anwesenheit von 20 Prozent der Mitglieder erforderlich. Bei 16 Mitgliedern war die Versammlung beschlussfähig.
Nun wird zum heutigen Zeitpunkt kolportiert, dass es bereits weitere 26 Mitglieder gegeben haben soll. Wären aber diese 26 „Neumitglieder“ bereits Mitglieder gewesen, hätte das Wahlbündnis zum Zeitpunkt der Mitgliederversammlung 42 Mitglieder gehabt. Dann hätten aber mindestens neun Mitglieder anwesend sein müssen, um beschlussfähig zu sein.
Neben der vorgelegten Mitgliederliste mit 16 Mitgliedern, der Nichtanwesenheit einer einzigen Person der angeblichen 26 „Neumitglieder“, den Ausführungen von Hasan Tuncer und Ferit Sentürk zur Mitgliederentwicklung und der Feststellung der Beschlussfähigkeit mit sieben Mitgliedern bei der Mitgliederversammlung durch Ferit Sentürk lassen zwingend den Schluss zu, dass die 26 „Neumitglieder“ zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierten.
Wenn es also ein Protokoll des Vorstandes von vor dem 28. Mai gibt, das die Aufnahme dieser 26 „Neumitglieder“ bestätigt, liegt der Verdacht nahe, dass dieses Protokoll nachträglich angefertigt wurde.
Dann liegt aber nicht nur der Verdacht der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung bei der Einreichung der Unterlagen der Wählergemeinschaft „Bündnis für Bildung“ an das Rats- und Rechtsamt der Stadt Mülheim an der Ruhr vor, sondern der Verdacht der Urkundenfälschung nach Paragraf 267 StGB.